9.2. Untervektorräume und Erzeugnisse |
In einem Vektorraum (V, + , · ) ist der Menge V eine hochkomplexe algebraische Struktur unterlegt. Es ist daher nicht unbedingt zu erwarten, dass beliebige Teilmengen von V automatisch an dieser Struktur teilhaben. In diesem Abschnitt werden diejenigen Teilmengen von V charakterisiert und untersucht, die die Vektorraumstruktur von V übernehmen.
Definition: Es sei (V, + , · ) ein Vektorraum. Eine
Teilmenge ; heißt ein
Untervektorraum von V falls für alle und gilt:
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Beachte:
Die Wortwahl Untervektorraum erklärt sich aus der folgenden Bemerkung:
Bemerkung: Es sei (V, + , · ) ein Vektorraum
und U eine
Teilmenge von V. Dann
gilt:
U ist Untervektorraum von V
(U, + , · ) ist ein Vektorraum.
Beweis: "": Nun müssen die Axiome (V1) bis (V8) nachgeprüft werden. Allerdings sind alle Rechenregeln, die + und · in V erfüllen, erst recht in U gültig, brauchen also nicht mehr bewiesen zu werden. Bis auf (V3) und (V4) sind alle Axiome durch dieses Argument abgedeckt! (V3): Der Nullvektor verhält sich zu allen Vektoren aus V neutral, also erst recht zu allen aus U. Gemäß 1. ist aber , daher besitzt auch U ein neutrales Element, nämlich den Nullvektor aus V. (V4): Ist , so ist nach 3. auch . erfüllt die Inversengleichung in V, also auch in U. Jedes Element aus U besitzt daher ein inverses Element in U (und zwar dasselbe inverse Element, das es in V besitzt!). "": Dies sind aber genau die Bedingungen 2. und 3. Ferner besitzt U
als Vektorraum ein neutrales Element ,
und da die Vektorsubtraktion auf U abgeschlossen ist, folgt daraus:
. |
Nach diesem Kriterium sind der Nullraum und der Vektorraum V selbst
automatisch Untervektorräume von V:
Beispiel: Es sei (V, + , · ) ein Vektorraum,
dann sind
Untervektorräume von V. |
Beispiel:
|
Fast alle klassischen Funktionenmengen der Analysis treten in der linearen
Algebra als Untervektorräume auf! Die Eigenschaften 1 bis 3 sind dabei durch
die jeweiligen Rechenregeln meistens schon erfüllt. Für ein Zusammenspiel
zwischen linearer Algebra und Analysis sind also die folgenden Beispiele ein
erstes Indiz.
Beispiel: Es sei .
Die folgenden Mengen sind Untervektorräume des jeweils angegebenen
Vektorraums:
Beweis: Wir zeigen nur e. (alle anderen Fälle sind durch die entsprechenden Rechenregeln bereits erledigt):
|
Beachte:
Der Unterraumbegriff verträgt sich nur schlecht mit den Mengenoperationen.
Lediglich die Schnittbildung führt nicht aus der Klasse der Untervektorräume
von V hinaus. Für spätere Anwendungen ist dies allerdings eine wichtige
Eigenschaft.
Bemerkung: Sind und Untervektorräume von V, so ist auch ein
Untervektorraum von V.
Beweis:
|
Reelle Vektorräume sind, abgesehen vom Nullraum, stets unendliche Mengen.
Für endlich viele Vektoren aus V ist daher die Menge i.d.R. kein Untervektorraum von V. Ziel ist es nun, durch möglichst wenige Vektoren zu einem Untervektorraum aufzustocken.
Definition: Es sei (V, + , · ) ein Vektorraum
und , dann
heißt die Menge
das Erzeugnis der Vektoren . Die Vektoren selbst nennen wir Erzeuger von . Ein Element von , also ein Vektor der Form
heißt eine Linearkombinationen von . Um auch den Fall k = 0 zur Verfügung zu haben, setzen wir zusätzlich:
.
|
Beachte:
Im R n ist dadurch eine Ursprungsgerade gegeben.
Beispiel:
In hat man für etwa: , aber auch . Die folgenden Beispiele zeigen, wie man überprüfen kann, ob ein Vektor in einem Erzeugnis liegt oder nicht: Da die mittlere Gleichung ebenfalls von gelöst wird, ist das Gleichungssystem (eindeutig) lösbar; daher ist . Hier nun zeigt die mittlere Gleichung, dass dieses Gleichungssystem keine Lösung besitzt, daher ist . |
Beispiel:
Also hat man etwa: . Die Gleichheit von Polynomen über ist die Gleichheit ihrer Koeffizienten (Identätssatz für Polynome). Man kann daher wie im vorangehenden Beispiel argumentieren: Das liefert die (eindeutige) Darstellung .
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Wir benötigen gelegentlich die folgenden Standardbeispiele:
Bemerkung:
Beweis: Zu 1.: . Zu 2.: . Zu 3.: . |
Ziel bei der Definition des Erzeugnisbegriffs war es, {v1,...,vk}
durch möglichst wenige Vektoren zu einem Untervektorraum aufzustocken. Die
folgende Bemerkung stellt sicher, dass diese zentrale Eigenschaft tatsächlich
vorliegt .
Bemerkung: Es sei (V, + , · ) ein Vektorraum
und , dann ist < v1,...,vk
> der kleinste
Untervektorraum, der die Vektoren v1,...,vk
enthält.
Beweis: Die Aussage ist offensichtlich richtig für k = 0, so dass wir k > 0 annehmen dürfen. Wir zeigen nun:
Zu 1.: Es sind die drei definierenden Eigenschaften eines Untervektorraums nachzuweisen:
Zu 2.:
.
Zu 3.: |
Beachte:
Bemerkung: Es sei (V, + , · ) ein Vektorraum
und , dann gilt:
Beweis: Zu 1.:
.
Zu 2.: Zu 3.: "": Nach 1. ist bereits eine Teilmengenbeziehung erfüllt; bleibt zu zeigen .
.
Sei nun ein beliebiger Vektor aus . Folgt:
|
Beachte:
Neben dem (geeigneten) Verlängern oder Verkürzen von
Erzeugersequenzen gibt es weitere Manipulationen, die das Erzeugnis unverändert
lassen.
Definition: Es sei (V, + , · ) ein Vektorraum
und und , dann gilt:
Beweis: Zu 1.: Wir benutzen 3. aus der vorherigen Bemerkung zweimal (beachte im zweiten Schritt: ). Zu 2.: Der Fall i = j ist bereits in 1.
bewiesen (mit a = 2).
Für gehen wir wie gerade vor: Zu 3.: Durch Kombination von 1. und 2. erhält man:
4. ergibt sich als Spezialfall von 3. wenn man durch ersetzt. |
Beachte:
Erzeugnisse
bleiben also unverändert, wenn man
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Die folgenden Beispiele zeigen, wie man dieses Prinzip einsetzen kann. Oft
lassen sich dadurch Erzeugnisse übersichtlicher und kürzer darstellen.
Beispiel:
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9.1 |
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9.3. |