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9.8. Matrizen


Matrizen sind ein sehr praktisches Hilfsmittel zur Lösung linearer Gleichungssysteme. Im nächsten Abschnitt wird dies ausführlich dargestellt. Gleichzeitig aber sind Matrizen auch als Funktionen eines bestimmten Typs einsetzbar. Diese Doppelgesichtigkeit spiegelt die innere Verwandtschaft dieser beiden Themen.

In diesem Teil wird zunächst der Funktionenaspekt betont.

Matrizen sind (hier) an den n gebunden. Über das Basiskonzept ist eine Ausweitung auf endliche (!) Vektorräume möglich. Wir gehen darauf nicht ein.
 
Definition:  Ein rechteckiges Zahlenschema der Form

(a11a1man1anm)

nennen wir eine n×m   - Matrix¯ (über ). Ist n=m, sprechen wir von einer quadratischen Matrix.

Beachte:

 

 
Beispiel:
  • (203212002241) ist eine 3 × 4 - Matrix.
     
  • (213403.50.2) ist eine 1 × 6 - Matrix.
     
  • (33) ist eine 2 × 1 - Matrix.

 

Zwei wichtige Beispiele quadratischer Matrizen zeichnen wir durch einen Namen aus:
Beispiel:
  • Die Matrix E=(δij)1i,jn=(100010001) ist die Einheitsmatrix (des n).
    Sowohl die Spalten- wie auch Zeilenvektoren bilden hier jeweils die Standardbasis des n:
    (δij)=(e1en)=(e1en).
  • Die Matrix 0=(0)1i,jn=(0000) ist die Nullmatrix (des n).
    Jeder Zeilen- und Spaltenvektoren ist hier der Nullvektor:
    (0)=(00)=(00).

Bei der folgenden Konstruktion treten die Spaltenvektoren einer Matrix in den Vordergrund.
Definition: (aij) sei eine n×m   - Matrix. Für einen beliebigen Vektor xm setzen wir:

(aij)x=mj=1xjaj=x1a1++xmamn

Der Vektor (aij)x (gelesen: "(aij) mal x") ist also eine Linearkombination der Spaltenvektoren von (aij), wobei die Koordinaten des Vektors x den Koeffizientensatz liefern.

Die gerade eingeführte Methode ordnet jedem Vektor xm genau einen Ergebnisvektor (aij)xn zu! Wir können daher eine n×m   - Matrix auch auffassen als eine Funktion von m nach n:

(aij):mn.

Unter diesem Gesichtspunkt, nennen wir den Vektor (aij)x auch einen Bildvektor (dann gelesen: "(aij) von x"), der durch Anwenden der Matrix (aij) einstanden sei.

 

 
Beispiel: 
  • (203212002241)(0213)=0(212)+2(022)(304)+3(201)=(943).
     
  • (312004)(63)=6(320)+3(104)=(211212).
     
  • (0110)(x1x2)=x1(01)+x2(10)=(x2x1).

 
Bemerkung: (aij) sei eine beliebige n×m   - Matrix, (0) die Nullmatrix und (δij) die Einheitsmatrix des n. Dann gilt:
  1. (aij)0=0.
  2. (0)x=0.
  3. (δij)x=x.

Beweis:

 (aij)0=0a1++0am=0.
  (0)x=x10++xn0=0.
 (δij)x=x1e1++xnen=x.

Die beiden letzten Beispiele sind unter dem Funktionengesichtspunkt interessant:
Offensichtlich stellt die Nullmatrix die Nullfunktion des n und die Einheitsmatrix die Identität des n dar!

Die Matrixanwendung ist mit den Rechenregeln des m verträglich:
Bemerkung: (aij) sei eine n×m   - Matrix, x,ym und α. Dann gilt:
  1. (aij)(αx)=α((aij)x)
  2. (aij)(x+y)=(aij)x+(aij)y

Beweis:

Zu 1.: (aij)(αx)=(αx1)a1++(αxm)am=α(x1a1++xmam)=α((aij)x).

Zu 2.:  (aij)(x+y)=(x1+y1)a1++(xm+ym)am=x1a1++xmam+y1a1++ymam=(aij)x+(aij)y.

 


Die folgende Begriffsbildung betont den Funktionencharakter von Matrizen.
Definition: (aij) sei eine n×m   - Matrix, dann heißt die Menge
  1. Ker(aij)={xm|(aij)x=0}m der Kern von (aij).
  2. Im(aij)={(aij)x|xm}n das Bild von (aij).

Beachte:

 
Bemerkung:  Ker(aij) ist ein Untervektorraum von n.

Beweis:

  1. Da (aij)0=0, ist 0Ker(aij), also Ker(aij).
     
  2. Sei xKer(aij) und α, dann ist:
    (aij)(αx)=α((aij)x)=α0=0αxKer(aij).
     
  3. Für x,yKer(aij) hat man:
    (aij)(x+y)=(aij)x+(aij)y=0+0=0x+yKer(aij).

 
Bemerkung:  Im(aij) ist ein Untervektorraum von m. Es gilt sogar:

Im(aij)=<a1,,am>,

d.h. Im(aij) ist das Erzeugnis der Spaltenvektoren der Matrix (aij)

Beweis:

yIm(aij)es gibt ein   xm   mit   y=(aij)xes gibt ein   xm   mit   y=x1a1++xmamy<a1,,am>.

Mit Hilfe der Begriffe Bild und Kern lassen sich neue Kriterien zur Maximalität bzw. zur linearen Unabhängigkeit formulieren:
Bemerkung:  Für Vektoren v1,,vmn gilt:
  1. v1,,vm   maximalIm(v1vm)=n.
  2. v1,,vm   linear unabhängigKer(v1vm)={0}.

Beweis:

Zu 1.: Wegen Im(v1vm)=<v1,,vm>, ist hier nichts zu zeigen.

Zu 2.: 

"" Da (v1vm)0=0, hat man bereits:

Ker(v1vm){0}.

Sei nun xKer(v1vm), also: x1v1++xmvm=(v1vm)x=0.
Da v1,,vm linear unabhängig, folgt: xi=0 für alle i, d.h. x=0. Also gilt auch:

Ker(v1vm){0}.

"" Sei jetzt x1v1++xmvm=(v1vm)x=0, d.h. xKer(v1vm)={0}.
Folgt: x=0, also: xi=0 für alle i. v1,,vm ist somit linear unabhängig.

Da Matrizen als Elemente des nm aufgefasst werden können, trägt die Menge aller n×m   - Matrizen in natürlicher Weise eine Vektorraumstruktur, nämlich die des nm. Die folgende Bemerkung stellt diesen Sachverhalt noch einmal in der matrixtypischen Notation dar.

Bemerkung: Sind (aij) und (bij) zwei n×m   - Matrizen, α, so setzen wir:

(aij)+(bij)=(aij+bij)α(aij)=(αaij)

Die Menge (General Linear Group)

GL(m,n)={(aij)|(aij)   ist eine   n×m   - Matrix}

ist mit den eingeführten Operationen ein Vektorraum.

In der Funktionensichtweise entspricht die Matrizenaddition exakt der Funktionenaddition:

(aij)+(bij)x=(aij+bij)x=x1(a1+b1)++xm(am+bm)=x1a1++xmam+x1b1++xmbm=(aij)x+(bij)x.

und die skalare Multiplikation genau der Vervielfachung von Funktionen:

α(aij)x=(αaij)x=x1(αa1)++xm(αam)=α(x1a1++xmam)=α((aij)x).


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9.9.