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9.11. Lineare
Abbildungen und Matrizen |
Wir betrachten in diesem Abschnitt gesondert die linearen Abbildungen zwischen endlichen Vektorräumen, im Prinzip also
die linearen Abbildungen von nach . Im Abschnitt 9.8 haben wir den Funktionenaspekt bei Matrizen
betont und dort u.a. gezeigt, dass die Matrixanwendung mit den Rechenregeln des verträglich ist, dass also Matrizen spezielle lineare
Abbildungen sind. Interessant ist nun, dass damit bereits alle
linearen Abbildungen gegeben sind!
In den folgenden Ausführungen legen wir für jeden stets die Standardbasis zugrunde!
Bemerkung:
- Jede durch eine Matrix gegebene Abbildung ist linear.
- Jede lineare Abbildung ist (eindeutig) durch eine Matrix
darstellbar. Dabei bilden die Bilder der Einheitsvektoren die Spalten
der f darstellenden Matrix:
.
Beweis:
1. ist mit den Rechenregeln für Matrizen in 9.8 bereits gezeigt.
Zu 2.: Für hat man: .
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Beachte:
Die für Matrizen und lineare Abbildungen parallel gebildeten
Begriffe führen nicht zu Konflikten, die eingeführten Rechenarten sind
identisch. Ist z.B. und , so hat man:
-
.
-
.
-
.
-
.
-
.
Beispiel: Nach einem Beispiel in 9.10 ist die Funktion
gegeben durch
linear. Die Bilder
der Einheitsvektoren berechnet man zu
, also ist
die darstellende Matrix von f.
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Die folgende Liste enthält einige wichtige geometrischen
Standardabbildungen des :
Beispiel: Jede der aufgeführten Funktionen ist linear;
ihre darstellende Matrix ist jeweils rechts notiert.
1. |
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. |
2. |
|
.
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3. |
|
.
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4. |
, gegeben durch ,
die Projektion
auf die i-te Koordinate.
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5. |
, gegeben durch ,
die Spiegelung in der i-ten Koordinate.
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6. |
, gegeben durch ,
die Dehnung in der i-ten Koordinate um den Faktor a.
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7. |
, gegeben durch ,
die Vertauschung von i-ter und j-ter
Koordinate.
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. |
8. |
, gegeben durch |
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,
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. |
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die Drehung (Rotation) um den Winkel α in der i, j-Ebene.
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Bei den linearen Abbildungen ist die Summe und das α-fache
bereits auf Matrixebene darstellbar. Zur Hintereinanderausführung fehlt
bislang eine entsprechende Rechenmethode. Diese Lücke füllt nun das Matrizenprodukt:
Definition: Ist eine k
× n - Matrix und eine n × m
- Matrix, so heißt die k × m - Matrix
das Produkt von und .
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Beachte:
- In der Produktmatrix steht in der i-ten Zeile und j-ten
Spalte gerade das Skalarprodukt des i-ten Zeilenvektors von mit dem j-ten Spaltenvektor von .
- Der j-te Spaltenvektor der
Produktmatrix ist der Vektor
, also:
.
- Der i-te Zeilenvektor der Produktmatrix ergibt sich aus dem Matrixprodukt ,
d.h.:
.
Beispiel:
.
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Bemerkung: und seien zwei lineare Abbildungen. Sind und die darstellenden Matrizen von g bzw. f, so ist die darstellende Matrix von :
.
Beweis: Es reicht zu zeigen, dass die Spaltenvektoren von die Bilder der Einheitsvektoren des sind. Wir nutzen dabei aus, dass man das
Matrix-Bild eines Vektors sowohl mit Hilfe der Spalten- als auch mit Hilfe
der Zeilenvektoren berechnen kann.
Der zum Schluß notierte Vektor ist aber gerade der j-te Spaltenvektor der
Produktmatrix .
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Beachte:
- Für das Matrizenprodukt gelten somit alle Rechenregeln, die die
Komposition von Funktion erfüllt. Insbesondere ist das Matrizenprodukt
- assoziativ: .
- i.a. nicht kommutativ: .
- Unter den quadratischen Matrizen, also in GL(n,n), ist
die Einheitsmatrix das neutrale Element:
.
Wir untersuchen nun, wie sich die Matrizenmultiplikation zu den anderen
Rechenoperationen verhält. Zwar sind die erwarteten
Verträglichkeitsregeln tatsächlich auch gegeben, da aber die
Matrizenmultiplikation nicht kommutativ ist, sind stets zwei Versionen
der jeweiligen Regel zu formulieren und zu beweisen!
Bemerkung: Die
Matrizenmultiplikation ist
1. distributiv bzgl. der Vektoraddition:
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.
.
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2. distributiv bzgl. der Vektorsubtraktion:
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.
.
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3.
verträglich mit der skalaren Multiplikation: |
.
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Beweis: In allen Fällen können wir die Behauptung auf die
bekannten Rechenregeln für Matrizen zurückführen, denn die
Spaltenvekoren der Produktmatrix sind ja Vektoren der Form .
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2. führt man mit 3. sofort auf 1. zurück.
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Wir wenden uns nun den Isomorphismen in und ihren darstellenden Matrizen zu.
Bemerkung: sei linear. Dann gilt:
f ist Isomorphismus .
Beweis: Nach einer Bemerkung im letzten Abschnitt
wissen wir:
f injektiv .
Damit ist diese Richtung "" bereits
bewiesen, und zur Gültigkeit von "" fehlt nur noch der Nachweis der Surjektivität.Ist aber , so erhält f die lineare
Unabhängigkeit. Mit ist also auch
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Beachte:
Die regulären n × n - Matrizen stellen somit genau die
Isomorphismen von dar. Man hat daher insbesondere:
- Sind und reguläre n ×
n
- Matrizen, so ist auch regulär.
- ist regulär.
- Zu jeder regulären n × n
- Matrix gibt ist genau eine inverse Matrix ,
so dass
.
-
Die Menge
bildet mit der Matrizenmultiplikation eine nicht-kommutative Gruppe, die
sog. Automorphismengruppe des .
Die typischen Eigenschaften der Inversenbildung heißen hier Rechenregeln für reguläre n × n - Matrizen:
-
-
-
Beispiel: Wir ermitteln in diesem Beispiel zu
einigen regulären 2 × 2 - Matrizen die inverse Matrix. Dabei liegt stets der
entsprechende inverse Isomorphismus f -1 vor,
so dass man nur die zu f -1
gehörige Matrix aufzustellen hat.
- Die Spiegelung in der ersten Koordinate ist zu sich selbst invers. Also
ist
- Die Dehnung in der zweiten Koordinate um einen Faktor hat die Dehnung um den Faktor als inversen
Isomorphismus. D.h.:
- Die Drehung um einen Winkel wird durch die Drehung um den Winkel aufgehoben.Also gilt:
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Wie geht man aber nun im allgemeinen Fall vor, wenn also f
-1 nicht bekannt ist?
Interessanterweise kann man hier den Gauß-Algorithmus einsetzen, denn die Suche
nach (der eindeutig bestimmten Matrix) entspricht direkt der Aufgabe, die Matrizengleichung
zu lösen. Da nun die Spaltenvektoren von gerade die Einheitsvektoren sind, ist die Gleichung äquivalent zu den folgenden n (gewöhnlichen)
linearen Gleichungen:
Damit erhält man nun das folgende Schema zur Errechnung von :
- Mit der Gleichung prüft man zunächst ob regulär ist, also ob zutrifft.
-
Man löst dann der Reihe nach die Gleichungen .
- Die Lösungsvektoren bilden nun in der gewonnenen Reihenfolge die
Spaltenvektoren der gesuchten Matrix .
Bei der praktischen Durchführung kann man natürlich das Gauß-Applet
für sich arbeiten lassen!
Beispiel: Wir betrachten in diesem Beispiel die Matrix .
Der Gauß-Algorithmus liefert nun die folgenden Daten: und:
.
Also ist
regulär und
.
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