7.7. Die Ableitung
Bei unseren Untersuchungen zur Differenzierbarkeit haben wir uns bisher stets auf einen festen Punkt a konzentriert. Dabei zeigen bereits die meisten Beispielfunktionen, dass Funktionen oft in vielen, ja sogar in allen Punkten ihres Definitionsbereichs differenzierbar sein können.
In diesem Abschnitt stellen wir nun diesen Gesichtspunkt in den Vordergrund, d.h. wir gehen von der lokalen zur globalen Sichtweise über.
Definition: Sei A eine nicht-leere Teilmenge von B: . Eine Funktion heißt differenzierbar auf A, falls f in jedem differenzierbar ist. Ist , so lassen wir den Zusatz "auf A" meist weg.
Die Funktion
gegeben durch
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[7.7.1] |
nennen wir die Ableitung (genauer: die Ableitungsfunktion) von f (auf A).
Die Menge aller auf A differenzierbaren Funktionen bezeichnen wir mit dem Symbol . In diesem Zusammenhang sprechen wir bei einer auf A differenzierbaren Funktion, einem Element von also, auch von einer -Funktion auf A.
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Beachte:
Die bisherigen Beispiele aus 7.3, 7.4, 7.5 und 7.6 lassen sich in neuen Sprache nun folgendermaßen darstellen:
-
und
-
und
-
und . Beachte aber:
-
und . Beachte aber:
-
und
-
und
-
Die Grenzfunktion einer konvergenten Potenzreihe ist differenzierbar mit
Nicht nur die alten Beispiele lassen sich in die neue Situation übertragen, sondern auch viele Eigenschaften. So läßt sich etwa der in [7.5.2] dargestellte Zusammenhang folgendermaßen notieren:
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[7.7.2] |
Das Beispiel der Betragsfunktion zeigt dabei, dass diese Inklusion i.a. keine Gleichheit ist.
Differenzierbare Funktionen müssen stetig sein. In diesem Zusammenhang ist es interessant zu wissen, dass dies für die Ableitungsfunktion nicht gelten muss (dazu gibt es ein Beispiel in Kapitel 8). Die folgende Definition verschärft daher den Differenzierbarkeitsbegriff.
Definition und Bemerkung: Eine differenzierbare Funktion heißt stetig differenzierbar (auf A) falls ihre Ableitung
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[7.7.3] |
stetig ist. Die Menge der auf A stetig differenzierbaren Funktionen, der sog. -Funktionen, bezeichnen wir mit dem Symbol .
Offensichtlich hat man: und damit auch . Beide Inklusionen sind nach den zuvor erwähnten Beispielen echt.
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Natürlich können auch die lokal formulierten Ableitungsregeln [7.6.1-4] und [7.6.11] der neuen Schreibweise angepasst werden. In dieser Form sind sie überdies auch "lesefreundlicher".
Bemerkung (Ableitungsregeln, global): Sind so gilt:
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und
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[7.7.4] |
-
und
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[7.7.5] |
-
und
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[7.7.6] |
-
und
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[7.7.7] |
Für und mit gilt
-
und
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[7.7.8] |
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Die verschiedenen Spezialfälle des letzten Abschnitts können natürlich auch global formuliert werden. Unter den Voraussetzungen der vorstehenden Bemerkung notieren wir also:
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[7.7.9] |
-
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[7.7.10] |
-
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[7.7.11] |
-
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[7.7.12] |
Ähnlich wie in [6.3] lassen sich auch die Mengen und algebraisieren, denn mit ergibt sich aus [7.7.4-6]:
-
und sind
ablesche Gruppen
i |
-
Die Addition + ist assoziativ und kommutativ.
-
0 ist das neutrale Element, d.h. für alle f.
-
Jedes f besitzt genau ein inverses Element, hier , so dass ist.
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.
-
und sind
kommutative Ringe mit Einselement
i |
-
Es gelten die Axiome einer abelschen Gruppe.
-
Die Multiplikation · ist assoziativ und kommutativ.
-
· ist distributiv bzgl. +.
-
1 ist das neutrale Element der Multiplikation, d.h. für alle f.
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.
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